Farbmanagement in Scribus. Eine Einleitung Teil 4

PDF/X-3 und Farbmanagement

Bisher haben wir die Grundlagen des Farbmanagements behandelt und beschrieben, wie man es aktiviert und konfiguriert. Nun können wir erwägen, PDF/X-3-Dateien für den professionellen Druck auszugeben. PDF/X-3 ist der neueste und fortschrittlichste ISO-Standard für PDF-Dateien, und Scribus unterstützt diesen Standard vollständig. Scribus war die erste DTP-Anwendung, die in der Lage war, PDF/X-3-Dateien auszugeben.

Der größte Vorteil von PDF/X-3 ist die meist genauere Farbumwandlung von RGB zum CMYK-Farbraum des Druckers. Diese Genauigkeit wird erreicht, indem man bis zum Schluß im RGB-Farbraum arbeitet und den RIP (Raster Image Processor) des Druckers die Umwandlung von RGB nach CMYK durchführen läßt. Der Nachteil ist, daß bisher nur sehr neue oder aktualisierte RIPs PDF/X-3 unterstützen, auch wenn andere RIPs möglicherweise mit früheren PDF/X-Versionen arbeiten können. Da der RIP detaillierte Informationen über den genauen Farbumfang und dessen Möglichkeiten enthält, erwartet man in den meisten Fällen eine präzisere Umwandlung. Es ist nicht ausgeschlossen, in PDF/X-3-Dateien CMYK-Bilder zu verwenden, aber idealerweise benutzt man so lange wie möglich RGB-Farben.

PDF/X-3 hat zwei große Nachteile: Erstens können Dateien keine Transparenzen enthalten. PDF/X-3 basiert auf PDF 1.3, das keine Transparenzen unterstützt. Zweitens: Die geringe, aber stetig wachsende Zahl der Druckereien, die PDF/X-3 verarbeiten kann. Falls Sie sich nicht sicher sind, fragen Sie nach. Meine Tests zeigen sehr verläßliche Resultate, die Farbabweichungen sind minimal.

Ein weiteres Problem ist das Auswählen des richtigen Druckerprofils. Dafür gibt es zwei Lösungswege: Entweder Sie besorgen sich ein Profil für die gewählte Papiersorte von ihrer Druckerei oder Sie verwenden einen verbreiteten Druckstandard wie SWOP, ECI oder andere. Wenn Sie PDF/X-3 verwenden, müssen Sie mit Ihrer Druckerei zusammenarbeiten, aber dadurch können Sie die Farbgenauigkeit deutlich verbessern. Wie immer empfehlen wir ein Gespräch mit der Drucker im voraus. Wenn die Auskünfte unbefriedigend sind, suchen Sie sich einen anderen Drucker. Im Druckgeschäft herrscht starker Wettbewerb, weshalb sich fast immer Alternativen finden.

Erfahrungen aus der Praxis

Der Autor dieser Zeilen hat Scribus mit eingeschaltetem Farbmanagement mit zahlreichen Bildern getestet. Es handelte sich dabei um hochauflösende RGB- und CMYK-Bilder, die unter Windows 2000 mit den neuesten Farbmangementwerkeugen, Photoshop 6 und kalibrierten professionellen DTP-Monitoren vorbereitet wurden und von denen anschließend auf PostScript_level-3-Druckern Proofs erstellt wurden. Die Bilder wurden als Titelfotos für ein Magazin benutzt, das jährlich mehr als eine Million Exemplare verkauft. Indem die gleichen Druckerprofile wie bei der Herstellung der Zeitschrift eingesetzt wurden, konnten littlecms und Scribus eine bemerkenswert genaue Vorschau erzeugen, wenn man bedenkt, daß beide noch relativ jung sind. Die Präzison von littlecms hat sich in jeder Version seit 1.1 verbessert, besonders was die absolut farbmetrische Render-Priorität angeht. Seit Version 1.11 unterstützt littlecms Tiefenkompensierung, die in Scribus verwendet werden kann. Damit läßt sich der Kontrast in Fotos verbessern.

Wenn PDF-Dateien im Acrobat Reader 4.05 geöffnet werden, kann es manchmal zu Farbverschiebungen kommen. Dies ist ein Fehler in dieser Acrobat-Version. In späteren Versionen ist dieses Problem behoben, wie überhaupt die Farbdarstellung verbessert wurden. Im Acrobat Reader ab Version 7 werden auch die PDF-Formulare, die Sie mit Scribus erstellen können, richtig wiedergegeben.

Fazit

Anhand eines Beispiel haben wir beschrieben, wie die Farbamanagement-Strategie für ein Dokument aussehen kann. Wenden Sie ein Profil auf eine Bilddatei an und wählen Sie die richtige Render-Priorität zur Umwandlung in ein anderes Farbmodell aus. In unserem Beispiel teilt Scribus littlecms mit, daß es eine Uwandlung in zwei Schritten vornehmen soll, damit Ihr Monitor Bilder und Farben mit ausreichender Genauigkeit so darstellt, wie sie gedruckt aussehen, wenn Sie die Option "Druckerfarben auf dem Bildschirm simulieren" aktivieren.

Die Integration eines einfachen, aber effektiven Farbmanagements in Scribus ist ein ehrgeiziges und nach Meinung des Autors in der Open-Source-Welt erstmaliges Unterfangen, dem Endanwender Farbmanagement zu ermöglichen. Solche Werkzeuge finden sich für gewöhnlich in High-End-Pre-Press-Anwendungen. Für die Open-Source-Szene war dies lange ein unbekanntes Territorium, und deshalb sind Kommentare und Vorschläge zu diesem Dokument ebenso wie Erfahrungsberichte zum Thema Farbmanagement willkommen. Sie sollten auch wissen, daß diese Technik von Grafikindustrie weiterhin verbessert wird.

Haben Sie Geduld – Farbmanagement ist eine junge Technik, die ständig verbessert wird. Es dauert seine Zeit, die Theorie zu verstehen, bevor man praktische Resultate erzielen kann.

Danksagung:

Martí Maria; Entwickler von littlecms. Ohne ihn wäre all dies nicht möglich.